Lied der See

Weisst Du, wohin unsre Träume zerrinnen
wenn Zwielicht den Himmel berührt?
Sie werden zu Wellen im Wiegen der See
wo niemandes Schlaf sie erspürt.

Weisst Du, wohin die Erinnrungen fliehen
wenn nichts als das Jetzt in uns ist?
Sie schimmern als Licht auf der ewigen See
bis einst auch der Tag sie vergisst.

Weisst Du, wohin die Geschichten vergehen
wenn abends das Feuer verlischt?
Sie treiben als Schaum auf dem Spiegel der See
und das Märchen zersprüht in der Gischt.

Weisst Du, wohin sich die Lieder verlieren
wenn Schlummer die Barden umfängt?
Sie kreisen als Vögel hoch über der See
bis nur noch der Wind an sie denkt.

Nun kennst Du die Wege der Lieder und Träume,
drum weine nicht, wenn ich jetzt geh,
und hörst Du die Brandung, so schweig und vergiss,
ich schlafe am Grunde der See.

Eva, 15. Februar 2001
Für Jonas

Druckerfreundliche Version