Einmal

1.) Einmal waren Tage lang und Nächte kühl und klar.

Einmal stand das Feld im Korn, war Wind in meinem Haar.

Einmal sah ich Vögel fliegen, und auf mein Gesicht

brannte Sommersonne und verbrannte es doch nicht.

Du warst noch zu klein, Dich zieht nichts hinaus,

mein Mädchen, wie solltest Du wissen?

Wer im Dunkeln geboren ist, nennt es 'zu Haus',

wird niemals die Sonne vermissen.

2.) Einmal warn wir Kinder. Einmal fiel im Winter Schnee.

Einmal schwammen Enten zwischen Lilien auf dem See,

und wir spielten dort einmal mit Till und seinem Hund,

tauchten in dem süßen, hellen Wasser bis zum Grund.

Dein Vater und ich stiegen zeitig hinab,

bald darauf fing der Sturm an zu toben,

wir zählten erst später, und wie sich's begab -

Till und sein Hund blieben oben.

3.) Einmal stieg der Nebel, aß ich mich an Streuobst satt,

brannten abends Lichter in den Fenstern unsrer Stadt.

Einmal war die Nacht voll Leben, voll Insektenspiel,

Blicke, Rascheln, Eulenruf, bevor die Stille fiel.

Du schläfst, von der Leere dort draußen bewacht

bei den anderen Töchtern und Söhnen,

doch wir Alten, wir singen bis tief in die Nacht

um das Schweigen zu übertönen.

4.) Einmal gibt es wieder Frühlingswälder, Vogelschrei,

treten wir nach draußen, ohne Maske, atmen frei,

fangen fern der Höhlen noch einmal von vorne an,

und es wird wie früher - - - einmal glauben wir daran.

Euch bleibt die Zukunft, was immer das sei,

lasst uns in Erinnrungen leben,

nennt es Flucht, tote Träume, Betrug – einerlei,

einmal wird es kein Gestern mehr geben.

(Dänemark, 6. Juni 2003 – für alle, die dabeiwaren)

Druckerfreundliche Version