Kloster Schiffenberg, Gießen
Um dich ein letztes Mal zu grüßen,
bringe ich dir hier meinen armseligen Gesang dar.
Brust, von Blut und Seele verlassen,
fülle dich mit meiner Stimme.
Vielleicht bedauert niemand
oder niemand erinnert sich
an die Gebete, die tausend Motetten,
die in deinem Schoß widerhallten.
Raum, ganz von Nichts erfüllt,
Skelett, zitternd und nackt,
von Schwalben bevölkert, winzigen Geistern
auf der Jagd nach verlorenen Karfreitagen
und Christfesten ...
Doch immer noch umweht dich Vertrauensvolle,
Jungfräuliche der Duft von Weihrauch
und der bleiche Schein der Kerzen
wie ein lebhafter Traum.
Es lohnt nicht, dir zu sagen,
was du nicht beachten wirst: dass alles
vergeht, und nichts der Veränderung
entgehen wird.
Zum letzten Mal, bis zum Äußersten
erhebe ich meine Stimme voller Liebe,
um unser Requiem zu singen
und dich danach für immer
zu verlassen.
Crystal 03/2002