Dieser Klang ist ein Fremder

Über Jazz in der Sowjetunion - inspiriert von dem Roman "On the Sunny Side of the Street" von Dina Rubina

Sie fragte: "Was ist das für ein Klang, was für ein Atem
über dem duftenden Gras, zwischen den Kirschbäumen in voller Blüte?
Ach, man möchte tanzen, und weinen, und lächeln,
sich in dem Lied auflösen, sich ganz in Stille verwandeln.

Was ist mir so unbekannt und fehlt mir doch so sehr,
was lockt mich zu sich mit sanften Händen aus Klang?
Welch ein wunderbares Gefühl hüllt mich ein,
dessen Name mit Worten nicht auszudrücken ist?"

So fragte sie, während wir durch den Park gingen
in einer warmen Aprilnacht im Duft der süßen Kirschblüten,
sie tanzte und rannte, ein glitzerndes Irrlicht in der Dunkelheit,
das auf den Wogen einer unsichtbaren Brise zu schweben schien.

Aber ich habe keine Antwort. Zu lange war ich sprachlos,
und ich traue Worten nicht mehr als ich dieser Nacht traue.
Erinnere dich einfach an den Rhythmus, erinnere dich an die Melodie des Liedes,
sie sind Schönheit, und Schönheit ist das Einzige, was nicht verleugnet werden kann.

Dieser Klang ist ein Fremder,
er reist auf der Luft
wie die Nacht, wie der Frühling, wie wir.
Lass ihn durch deine Ohren wehen,
lass ihn durch dein Herz wehen,
und vielleicht wird er dort auf seinem Weg
eine Spur hinterlassen.

Sie drehte sich um, kam zurück und legte ihre kleine Hand in meine,
nur wenige Schritte, bevor wir die Quelle des Klangs erreicht hätten,
und sie sagte: "Du willst nicht, oder vielmehr: du kannst nicht,
dieser Garten ist ein Ort, wo wir Fremde sind und nicht hingehören."

In der Wärme ihrer Hand war eine Kraft, die kein Wodka schenken konnte,
und ihr Vertrauen und ihre Jugend linderten den Schmerz in meiner Seele und meinem Körper.
Ich öffnete den Mund und sagte: "Nicht fremder als der Frühling,
nicht weiter entfernt als das Vertrauen, nicht mehr eine Lüge als die Freiheit."

Dieser Klang ist ein Fremder,
der auf der Luft reist,
wie die Nacht, wie der Frühling, wie du.
Lass ihn durch deine Ohren wehen,
lass ihn durch dein Herz wehen,
und vielleicht wird er dich hinausführen
ins Nirgendwo.

Crystal, April 2009

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