Sadko im Märchen

Hör zu, mein Kleiner, was ich dir sage:

Glück ist uns Menschen kaum zu erringen.

Einzig im Märchen, durch Prüfung und Plage.

Dir aber, glaub mir, dir wird es gelingen.

Zeit ist es, Sadko, Zeit sich zu trennen,

grausame Zeit, da die Wege sich scheiden.

Lerne die Qual und die Finsternis kennen,

um hinauf zu den Höhen zu steigen.

*

War einmal vor Zeiten in andren, fernen Breiten

ein Knabe, ein dunkler Knabe.

Niemand, den er kannte, nicht Freunde, nicht Verwandte,

die Eltern lang im Grabe.

Lebte im Dunkel, wo Nacht regierte als Königin.

Und Nacht fasste Liebe zu ihm, und dies ist, was sie sprach:

„Niemals verlass mich, vergiss, wie die Tage und Morgen sind.

Such sie nicht, denn ihr Licht kann nicht heilen, was ich zerbrach.“

So sprach sie, und Sehnsucht erwachte in ihm nach dem Sonnenlicht.

Doch die Nacht ohne Gnade, sie nahm ihm die winzigste Freiheit.

Da dacht‘ er bei sich: „So gewaltig du bist, ich besiege dich,

denn gewaltig und gnadenlos werde ich gleichfalls ab heut.“

Er entsagte der Liebe zu ihr und allem, was Liebe war

und forschte nach Künsten, die dunkler noch waren als Nacht.

Und er wurde zum Mann, der nichts fühlte, als dass er getrieben war –

doch begabt, zu zerschlagen die Bande aus zaubrischer Macht.

Dann kam der Tag, an dem er die magischen Worte sprach.

Da zersprangen die Ketten, die ihn umfingen, alsbald.

Er verließ jenes finstere Land und die Jahre voll Ungemach

und stieg auf in das Reich, das im Lichte der Sonne erstrahlt.

Und Licht in den Augen, doch Kälte nur, wo sich sein Herz befand.

Gleichgültig besah er den strahlenden Morgen aus Gold.

Zu Asche zerstoben die Sehnsucht, die einstmals in ihm gebrannt,

und vergessen war das, was er jemals hier oben gewollt.

Er besann sich, und bald begriff er das Opfer, das er gebracht

und beschwor wieder in sich, wes‘ er sich vor Jahren verschloss.

Oh, es kam, und ihn traf wie ein Schmerz jene Schönheit der Strahlenpracht –

und verging, weil auf immer das Licht seiner Augen erlosch.

*

Hör zu, mein Kleiner, was ich dir sage: Слушай, мой милый, что я тебе скажу:
Glück ist uns Menschen kaum zu erringen. Счастье дла наших не существует.
Einzig im Märchen, durch Prüfung und Plage. Только во сказке, а там и не сразу.
Dir aber, Sadko, dir wird Но счастье будет, тебе
es gelingen. счастье будет.

Crystal 10/2004

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