Spinnenfäden

Heath Ledger gewidmet

Es war ein wunderschöner Tag im Januar.
Es war, als zitterte die Luft von all dem Neuen, das sie in sich trug.
Ich sah, wie das Gezweig voll Spinnenfäden war
und manchmal rasche Schatten wie von Vogelflug.

*

Ich weiß nicht, ob es dort so war, wo er sich nahm
und in sich rein zu etwas blickte, was viel dunkler war.
Wo er nach vieler Tage leerer Wachheit endlich zu sich kam
und leise fragte, wo er sich befand und wer er war.

In der Unendlichkeit, da fand er seine Hülle tausendfach,
er wusste: ich bin überall zugleich und nirgends ganz daheim,
in tausend Zeiten, tausend Leibern, jeder seiner ganz bewusst,
doch nicht in mir – unfähig, Ich zu sein.

Und das, was von ihm blieb, wenn er die scharfen Augen schloss
und nicht mehr wahrnahm, wie der Äther unablässig zu ihm sprach,
das griff nach Leere, die nur Form ward, wenn er sie zu etwas goss
was wieder Leere war und schwerelos und schwach.

Und draußen weht der Wind, und Spinnweb schillert leicht,
und niemand fragt, warum das ist, und jeder weiß es schön.
Ich glaub, er ahnte: schön zu sein, heißt: leer und unerreicht,
so ohne Heim, und wird im Wind verwehn.

Ich weiß – hat er vielleicht gedacht – nun endlich, wer ich bin:
ich bin das Schöne, was ihr braucht und nie ganz halten könnt.
Und weil ich bin wie ihr, gleich euch mich quäle nach dem Schönen hin,
und es nicht finde in der Tiefe, wo mich niemand kennt,

will ich ein Spinnenfaden sein, der auf den Winden tanzt.
Es gibt mich nicht; das ist vielleicht die Wahrheit über mich.
Und er sah auf, dort wo der Tag sich hin zum Frühling wandt‘
und glitt hinaus in die Unendlichkeit des Ich.

*

Noch immer ist der Himmel blau und wunderschön,
und Spinnweb zittert in dem wartenden Geäst.
Ich weiß, das ist das Schöne, das wir sehnend seh’n,
das sich entzieht und niemals ganz begreifen lässt.

Crystal 23.01.2008