Ihr habt in euch die Zeit und einen langen Weg voraus.
In mir herrscht nur die eine einz’ge dunkle Stunde.
Und was euch mit Schwanenschwingen anweht –
mir schlägt’s die Krallen immer in dieselbe Wunde.
Wenn ihr Frühling sagt, so wird es Frühling sein,
und in ein Morgen lodern eure Flammen.
Jede Kette, die euch hält, zerschlagt ihr tausendfach –
ich bleib im Dunkeln
gefangen.
Lasst mich geh’n, nun, da der Mond scheint,
auch für mich, zum ersten und vielleicht zum letzten Mal,
und sein Licht meine Schritte
leichter macht vor schon zurückgelass’ner Qual.
Es gab in euch ein Wort, das hieß Geborgenheit:
ein süßer Sang, der wie ferne Brandung mich umspülte.
Und Treue war ein Wort, und eins: Gemeinsamkeit,
deren lichten Klang ich kaum erfühlte.
Denn ich hab nur einen Ort, und der ist Einsamkeit.
Jedes Band, das ihr geknüpft, muss ich zerschlagen.
Und ihr habt geseh’n, wie all das leicht mir fällt,
und so könnt ihr es
vielleicht ertragen.
Und sagt nicht, ihr vermisst mich,
denn was hab ich schon getan, was mich euch teuer macht?
Lasst mich geh’n und vergesst mich,
die aus Nacht kam und zurückging in die Nacht.
Wisst nur eins, dass ich immerdar
vor mir den Schild gespürt, den eure Träume nährten,
und dass es traurig war,
wie erbarmungslos ich ihn zerstörte.
Lasst mich geh’n, nun, da der Mond scheint,
aus der Mitte aller Schatten, die sich enger zieh’n.
Und ich seh seine Lichtbahn,
den einz’gen Weg, der mir noch möglich ist zu geh’n.
Gebt mich frei und vergesst mich,
denn was war ich schon, wodurch ich unersetzlich wär?
Nur am Weg eine Blume,
halb verwelkt und innen unfruchtbar und leer.
Lasst mich geh’n in den Mondschein,
an ein Ufer, wo mich nichts mehr in das Dunkel zieht.
Will nichts sein als ein Lichtstrahl,
als ein kleines, nie zuend‘ gesung’nes Lied.
Crystal 09/03/04